Der Sohn von Ali Baba
(Son of Ali Baba, 1952)
Swashbuckler mit Tony Curtis
von Reinhard Prahl
Tony Curtis und Piper Laurie in einem Oriental-Swashbuckler, da kommt Freude auf. Nicht immer in Sachen Drehbuch, auf jeden Fall aber wegen des wunderschönen Technicolor-Looks und der unterhaltsamen Säbelkämpfe.
Das passiert in Der Sohn von Ali Baba
Der junge, gutaussehende Kashma Baba ist der Sohn des ehemaligen Räubers Ali Baba und besucht die berühmte Miltärakademie von Bagdad. Die Tatsache, dass er reich und bei den Mädchen beliebt ist, ruft jedoch den neidischen Sohn des Kalifen namens Hussein auf den Plan, der alles daransetzt, Kashma den Garaus zu machen.
Als sich die Sklavin Kiki in sein Haus schleicht, um dem Harem des Kalifen zu entfliehen, bringt sich der junge, heißblüte Mann schließlich in Schwierigkeiten. Denn in Wirklichkeit ist das Mädchen eine Prinzessin, die von dem mächtigsten Mann Badgads angestiftet wurde, um Ali Baba seine Reichtümer zu entreißen. Beinahe geht der Plan auf, doch dann besinnt sich Kashma seiner Herkunft und versammelt die Söhne der 40 Räuber um sich, um den Palast anzugreifen und seinen vom Kalifen entführten Vater zu retten...
Über den Film
Als Tony Curtis 1951 mit den Dreharbeiten zum Swashbuckler Der Sohn von Ali Baba begann, befand er sich zwar auf dem Weg, einer der wirklich Großen in der Traumfabrik der 50er-Jahre zu werden, ein Superstar war er aber noch nicht. 1949 hatte er als Newcomer im Burt-Lancaster-Streifen Gewagtes Alibi (Criss Cross von Robert Siodmak) eine kleine No-Name-Rolle als Gigolo gespielt und arbeitete sich dann langsam aber sicher nach oben. Mit Sierra und vor allem Winchester 73 (beide 1950) kam dann der Durchbruch für ihn. Universal hatte seinen neuen aufgehenden Star am Schauspielfirmament von good old Hollywood gefunden.
In jenen Tagen waren Adaptionen bekannter orientalischer Märchen voll angesagt. Filme wie Ali Baba und die 40 Räuber (Ali Baba and the Forty Thieves, 1943) mit John Hall in der Hauptrolle oder Die Diebe von Marschan (The Prince who was a Thief, 1951) waren trotz geringer Kosten unerwarteter Weise riesige Erfolge geworden. Außerdem hatten Piper Laurie und Curtis schon im zweit genannten Werk bewiesen, dass sie auf der Leinwand wunderbar harmonierten. Insgesamt spielten die beiden übrigens gemeinsam in insgesamt vier Filmen mit, was dazu führte, dass man ihnen eine Affäre andichtete. Allerdings berichtet der Superstar in seiner Autobiografie, dass er zwar einige Male mit Piper ausging, eine Beziehung aber niemals zur Debatte stand.
Einerseits war Curtis nicht an ihr interessiert, andererseits übte aber auch das Studio großen Druck auf die Jungstars aus. Wenn man bedenkt, dass er erst 24 und sie gerade einmal 18 Jahre alt war, als Der Sohn von Ali Baba entstand, ist dies ein nicht zu unterschätzender Faktor. Allerdings ahnte Universal – wie oben bereits erwähnt – schlicht nicht, dass der mit weniger als einer Million Dollar budgetierte Die Diebe von Marschan ein so großer Erfolg würde. Insofern handelte es sich bei der Entscheidung zu Son of Alibaba durchaus um eine Art Schnellschuss, da man rasch einen ähnlich gelagerten Abenteuerschinken hinterherschieben wollte.
In den 50er Jahren war ein derartiges Vorgehen nicht unbedingt unüblich, so dass es zahlreiche Werke ähnlicher Couleur von diversen Studios, vornehmlich aber von Universal gibt. Mit anderen Worten entsprang das Go für den Film also rein wirtschaftlichen Interessen. Insgesamt ging das Kalkül indes auf, denn die Einnahmen betrugen laut Variety rund 1,25 Millionen Dollar. Bedenkt man, dass es die heute gültige 1:3-Formel (Kosten zu Einnahmen) damals so nicht gab (die Werbekosten waren wesentlich günstiger), ein gutes Ergebnis.
Das Produktionsteam von Der Sohn von Ali Baba
Kommen wir damit zu den Personen hinter dem Klassiker. Als Produzent fungierte Leonard Goldstein. Er und sein Bruder Robert waren beide im Filmgeschäft tätig, wobei Leonard bereits 1936 mit Daniel Boone seinen ersten Streifen als Associate Producer begleitete. Es folgten Hits wie der Western Die schwarze Maske (Black Bart, 1948), Der Wüstenfalke (The Dessert Hawk, 1950), Die Flamme von Arabien (Flame of Araby, 1951) und Die Schlacht am Apachenpaß (The Battle at Apache Pass, 1952).
Regie führte der aus drei Johnny-Weissmuller-Tarzanfilmen bekannte Kurt Neumann, der nebenbei erwähnt auch für den Sci-Fi-Horrorklassiker Die Fliege (The Fly) von 1958 verantwortlich zeichnet. Das Drehbuch schrieb indes Gerald Drayson Adams, den wir als Autor zahlreicher Western und Historienabenteuer, darunter einige der oben erwähnten, aber auch zum Beispiel Dschingis Khan – Die goldene Horde (The Golden Horde, 1951) und beliebte Fernsehserien wie Maverick kennen.
Als Mann hinter der Kamera fungierte der bekannte B-Movie-Veteran Maury Gertsman, während Rosemary Odell (u. a. Gefahr aus dem Weltall, 1953, Der eiserne Ritter von Falworth, 1954) für das Kostümdesign verantwortlich zeichnete. Die Montage übernahm Virgil W. Vogel (Metaluna IV antwortet nicht, 1955), der später als TV-Regisseur Karriere machte und unter anderem für 80 Episoden der beliebten Show Wagon Train die Verantwortung übernahm. Die Dreharbeiten begannen last but not least am 9. August 1951 in Universal City und dauerten bis zum 13. September. Der US-Kinostart datiert auf den 15. August 1952, in Deutschland startete der Streifen am 3. April 1953.
Die Synchronisation
Auch wenn Der Sohn von Ali Baba ein waschechter Low-Budget-Film ist, galt das Billig-Prinzip jedenfalls nicht für die von der Berliner Synchron GmbH Wenzel Lüdecke übernommene Synchronisation. Dialogbuchautor und -regisseur Albert Baumeister stellte für die deutsche Adaption einige der bekanntesten Stimmen der Zeit ein. Tony Curtis wurde von der Standardstimme von Peter O’Toole und Roger Moore Sebastian Fischer gesprochen. Mariane Prenzel kennen wir als Interpretin von Bebbie Reynolds und Barbara Rush. Sie vertonte Piper Laurie und gab eine wundervolle Prinzessin Azura. Susan Cabots Tala erklang in Form von Elisabeth Ried (u. a. Barbara Stanwyck, und Maureen O’Hara in Gegen alle Flaggen). Hinzu gesellten sich unter anderem noch Martin Held, Renate Danz und Walter Werner als Schah (gespielt von Georges Renavent).
Eine Anekdote aus Der Sohn von Ali Baba
Abschließend sei noch eine kleine Anekdote erwähnt, die zumindest im US-amerikanischen Original auf ganz spezielle Art Filmgeschichte schrieb. Die Rede ist von Curtis’ berühmten Versprecher "Yondah lies the castle of my father, the caliph", die bei ihm so klang: "Yondah lies the castle of my faddah." Das Problem lag in dem New Yorker Akzent des Mimen, den man nur allzu deutlich hörte und für den ihn sein guter Freund Hugh Hefner noch viele Jahre später scherzhaft scholt. Selbst seine berühmte Kollegin Janet Leigh hatte irgendwann genug von den von Zeit zu Zeit auftauchenden Zeitungsberichten und Fragen in Interviews. Dies veranlasste sie zu dem Statement:
"Weder Tony noch ich hatten den Vorteil eines britischen Akzents. Ich kam aus Stockton, Kalifornien, er stammte aus New York. Aber Tony musste viel mehr einstecken als ich. [...] Er bat mich niemals um Hilfe wegen seines Akzents, doch er war ein echter Profi und arbeitete daran mit Sophie Rosenstein." (Barry, Curtis: 100)
Kritik
Der Sohn von Ali Baba ist ein hübscher kleiner Film, der vor allem dank des damals noch jungen Tony Curtis, dem typischen pseudoorientialischen Charme, tollen Swashbucklerelementen und der sehenswerten Ausstattung auch heute noch zu gefallen weiß. An die großen Genre-Highlights wie Der Dieb von Bagdad (The Thief of Bagdad, 1940), Ali Baba und die 40 Räuber oder den einige Jahre später entstandenen Sindbads siebente Reise (The 7th Voyage of Sindbad, 1958) kommt er allerdings nicht heran.
Für einen Platz auf dem Treppchen fehlt es dem Drehbuch an Tempo und der Geschichte an Pfiff, obwohl sich Drehbuchautor Gerald Drayson Adams alle Mühe gab, einen Bezug zu den Märchen und Geschichten des berühmten Tausendundeine-Nacht-Zyklus herzustellen. So ist Kashma der Sohn von Ali Baba, der tatsächlich im Film als alternder, inzwischen reich und ehrlich gewordener Vater des Helden (gespielt von Morris Ankrum) auftaucht. Auch die 40 Räuber dürfen natürlich nicht fehlen, wenn auch nunmehr als Bauern, deren Söhne gegen die zahlenmäßig weit überlegenen Wachen des bösen Kalifen (Victor Jory) antreten.
Typisch ist, dass der Streifen recht harmlos mit der Vorstellung der Protagonisten und dem rauschenden Geburtstagsfest Kashmas anfängt. Um dem Beginn etwas Pepp zu verleihen, stellt die Geschichte direkt zu Beginn dessen Erzfeind Hussein (Hugh O’Brian) und seine Freunde vor, denen jedes Mittel recht ist, dem Sohn des größten Diebes aller Zeiten kräftig eins auszuwischen. Die Eskalation des Streits zwischen dem arroganten Kalifen-Sprössling und Ali-Baba-Junior leiten die Filmemacher mit einer für die damalige Zeit nicht unüblichen Tanzszene ein, die hier aber ein besonderes Feuer versprüht.
Als wilde Bauchtänzerinnenschönheit tritt nämlich niemand Geringeres als die bekannte Balletttänzerin Milada Mladova auf, die in New York von der berühmten Lehrerin und Tanzpädagogin Bronislava Nijinska ausgebildet worden war. Anders als in vielen anderen Filmen, in denen oft ein Ensemble in möglichst knapper Kleidung und mit bunt wehenden, durchsichtigen Schals bewaffnet auftreten, versprüht Mladova in den wenigen Minuten einen starken Hauch von Erotik, der auch heute noch seine Wirkung nicht verfehlt. Kein Wunder, dass es zwischen Hussein und Kashma wegen der Schönheit zum Kampf kommt.
Nach diesem Einstieg, der im Rauswurf des Kalifensohns mündet, verliert Der Sohn von Ali Baba aber zunächst an Fahrt. Die folgenden Minuten führen die zuckersüße Kiki alias Prinzessin Azura von Fez (Piper Laurie) ein, die sich allerdings nicht wirklich entscheiden kann, ob sie nun ein Biest, ein naives Mädchen oder eine freiheitsliebende Gefangene sein will. Sicherlich ist dies Teil des Plots, doch das sich beinahe über den ganzen restlichen Film ziehende Hin und Her wirkt letztlich zu bemüht.
Kashma verfällt ihr liebestrunken, obwohl sie die Schuld daran trägt, dass der Palast seines Vaters und alle Bauernhöfe des Lehens in Flammen aufgehen und Ali Baba vom bösen Kalifen und Hussein entführt wird. In solchen Momenten entbehrt die Geschichte jeder inneren Logik und hetzt die Zuschauenden zudem durch die geradlinig und wendungsarm erzählten Ereignisse. Nichtsdestotrotz nimmt der Streifen erneut Fahrt auf, nachdem Kashma in den Söhnen der 40 Räuber treue Mitstreiter findet, die im großen Finale von den Kadetten der Militärakademie, auf der er dient, unterstützt werden. Die entsprechenden Kampfszenen im Palast des Kalifen sind zeit- und genretypisch unterhaltsam inszeniert.
Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens die Figur der von Susan Cabot fabelhaft interpretierten Tala, die hier als taffe Bogenschützin auftritt und somit eine eher ungewöhnliche Charakterisierung für die frühen 50er-Jahre erhielt. Das Happy End kommt jedoch in rasender und leicht holpriger Geschwindigkeit daher und lässt den Protagonisten kaum Zeit für einen angemessenen Dialog. Das ist schade, weil das geneigte Publikum am Ende vielleicht doch gerne eine pompöse Hochzeit erlebt hätte.
Fazit
Um aus Der Sohn von Ali Baba einen richtig guten Film zu machen, fehlen dem Werk mindestens zehn Minuten. In der heutigen Zeit ist eine Laufzeit von 71 Minuten selbst bei Serien keine Seltenheit mehr, die zudem den Vorteil genießen, sich über acht bis zehn Episoden zu erstrecken. Die fehlende Screentime merkt man der Geschichte letztlich an allen Ecken und Enden an. Der Plot wirkt getrieben, die Inszenierungen bisweilen etwas hastig und es mangelt an einem flüssigen Erzählstil.
Nichtsdestotrotz macht dieser kleine Film dank Technicolor und den eingangs erwähnten Aspekten durchaus Spaß und unterhält Genre-Freunde bis heute. Für Tony-Curtis-Fans ist der Titel ohnehin ein Must Have, das in jede Sammlung gehört. Doch auch Swashbuckler- und Kostümfilmfreunde können bedenkenlos zugreifen, sofern sie kein Meisterwerk erwarten.
Wissenswertes
- Die Geschichte des Films lehnt sich nur sehr lose an die berühmte Tausendundeine-Nacht-Sammlung an.
- Die heute bekannten Texte aus Tausendundeine Nacht lassen sich mindestens auf eine im 10. Jahrhundert n. Chr. in Bagdad bekannte, aus dem Persischen übersetzte Sammlung zurückverfolgen (vgl. Henninger: 214)
- Tony Curtis nannte Filme wie diesen gerne »tit-and-sand movies«. Andere Termini dieses Swashbuckler-Subgenres lauteten auch »cutlass-and-kisses« oder »boobs-and beefcake« (Barry, Curtis: 100)
Interessante Zusatzquellen
Barry, Paris; Curtis, Tony (1995): The Autobiography, Mandarin Paperbacks, London, Auckland, Melbourne, Singapore and Toronto
Henninger, J. (1949): Der geographische Horizont der Erzähler von 1001 Nacht, Geogr. Helv., 4, 214–229, https://doi.org/10.5194/gh-4-214-1949
Tony Curtis USA Interview: https://www.youtube.com/watch?v=_LbvR3okBLQ
Tony Curtis -- Rare TV Interview: https://www.youtube.com/watch?v=bmwPhwN0pHA
(alle zuletzt abgerufen am 01.07.2024)
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Bildquelle: Universal Studios