Die neuen Abenteuer von Robin Hood

(The Adventures of Robin Hood, 1985)

von Reinhard Prahl

 

Robin als strahlender Animationsheld im Errol-Flynn-Stil und ein creepy Sheriff of Nottingham sind immer gut, es sei denn, man setzt die amateurhaftesten Synchronsprecher hinter das Mikrofon, die man nur finden kann.

 

Das passiert in Die neuen Abenteuer von Robin Hood

Als der böse Sheriff von Nottingham sechs arme Bauern in den Kerker sperrt, befreit der Outlaw Robin Hood die Geknechteten und versetzt dem Sheriff Nadelstiche, wo er nur kann. Doch dann ersinnt dessen fieser Lieutenant einen perfiden Plan: ein Bogeschützenwettbewerb soll den Anführer der Merry Men und Meister der Verkleidung verraten. Alles kommt indes anders, als König Richard von den Kreuzzügen im Heiligen Land zurückkehrt...

 

Über den Film

Die Abenteuer von Robin Hood ist eine von zahlreichen Zeichentrickadaptionen für ein junges Publikum und wurde vom australischen Burbank Films Studio produziert. Als Regisseure fungierten Geoff Collins (Cinderella, The Secret World of Og) und Warwick Gilbert (Darkwing Duck – Der Schrecken der Bösewichte, Aladdin und der König der Diebe). Beide hatten sich zuvor als Animationszeichner für bekannte Größen wie Hanna-Barbera Productions und Disney (gemeint sind jeweils die australischen Departments) einen Namen gemacht. Gemeinsam mit Burbank Films nahm sich das Gespann zwischen 1982 und 1989 zahlreichen bekannten Stoffen der Weltliteratur an, um diese kindgerecht aufzuarbeiten, darunter Ivanhoe (1986) und The Odyssey (1987).

 

Auf diese Weise entstanden in der kurzen Zeit der Existenz des Studios immerhin 41 Werke, wobei man bereits ab 1987 nur noch auf den Philippinen unter dem Namen Burbank Animation Incorporated, Manila firmierte. Ab 1991 gab es eine erneute Umstrukturierung, die dazu führte, dass die neu gegründeten Sydney Studios Unlimited Energee den Namen des bekannten Produktionsteams verwendeten, um weiterhin historische Zeichentrickfilme herzustellen. Im Jahr 2002 war allerdings auch diese Ära vorüber und das langsame Sterben begann, bis die Firma 2008 endgültig liquidiert wurde.

 

Wie man allein schon an der Menge der produzierten Kindertitel sieht, arbeite Burbank Films mit einem kleinen Kollegium und im Akkordtempo für das Fernsehen. Das gilt auch für Die neuen Abenteuer von Robin Hood, obwohl man dem insgesamt 37-köpfigen Animationsteam unter Warwick Gilbert durchaus einen eigenen Stil und einen hohen Wiedererkennungswert attestieren kann. Auffällig ist zudem die vom Burbank-Stammkomponisten Mark Isaacs verfasste Musik, die den Ton der Geschichte um den Helden des Sherwood Forest hervorragend trifft. Wer den Film in Ruhe anschaut, sollte ungefähr in der Mitte des 50-minütigen Streifens außerdem auf das von Hartley Newham (ein australischer Countertenor) komponierte hörenswerte Lied achten, das aller Ehren wert ist.

 

Die Synchronisation von Die neuen Abenteuer von Robin Hood

Abschließend sei noch ein Blick auf die Synchronisation geworfen, die zweifelsfrei zu den schlechtesten und amateurhaftesten gehört, die je im deutschen Fernsehen zu hören waren. Die Übersetzung stammt von Martha Faulkner und die Leitung übernahm Dave Kendall. Als grottenschlechter Robin trat Benedikt Janetzki in Erscheinung. Lady Mary Anns (warum auch immer man sich für diese Schreibweise entschied, besser wären Marion oder Marian) Rolle sprach die unerfahrene Claudia Wachsmann. In weiteren Rollen sind Urs Robbe, Julia Mierzwa, Peter Remke sowie Mathias Haring zu hören, wenn es sich auch um ein sehr zweifelhaftes Vergnügen handelt.

Kritik

Die neuen Abenteuer von Robin Hood ist eine kindgerechte und eigenwillig gezeichnete Bearbeitung des altbekannten Stoffes des englischen Nationalhelden. An der ein oder anderen Stelle erlaubt sich das Produktionsteam vielleicht ein paar Freiheiten, diese verändern die grundlegende Geschichte aber nur marginal und dienen dazu, den Film gewaltfreier und damit altersgerecht (FSK 0) zu gestalten. Sicherlich mag man aus heutiger Sicht über den Stil und die zweifelsfrei dem geringen Budget geschuldeten technischen Unzulänglichkeiten lächeln.

 

Die zu langen und dünnen Gliedmaßen und karikaturhaft gezeichneten Gesichter der Protagonisten erscheinen auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig, ergeben jedoch im Hinblick auf den Humor Sinn. Gerade das Figurendesign  sorgt nämlich aufgrund der Tatsache, dass vor allem die Bösewichte stark überzeichnet sind, für eine Reihe naiv witziger Szenen, die vornehmlich bei den Jüngsten gut ankommen dürften.

 

So bauen die Macher unter anderem einen lustigen Running-Gag zwischen Marion und Little John ein, der die verkleidete Jungfrau ein ums andere Mal auf ihrem Pferd nicht erkennt und sie mit den skurrilsten Mitteln daran hindern will, Robin zu erreichen. Im Endeffekt schafft sie es stets, ihn vor den neuesten Machenschaften des Sheriffs von Nottingham zu warnen, doch nie ohne zunächst gewisse Hindernisse überwinden zu müssen.

 

In einer Szene springt der kräftig gebaute Merry Man beispielweise von einem Baum und plättet im wahrsten Sinne des Wortes das Pferd der mutigen Maid, das John daraufhin mit bösen Blicken abstraft. Erst als er sich bei Marion (im Film Mary Ann) entschuldigt, mildert das auch die Verärgerung des geplagten Gauls. Derartige Vermenschlichungen nach guter alter Disney-Manier begegnen uns während der 50 Minuten Laufzeit zuhauf, so beispielsweise auch mit einem zugegebenermaßen schon arg befremdlich gezeichneten Hund.

 

Abgesehen von solchen kleinen Schlenkern bleibt die Geschichte aber geradlinig und in sich stimmig, wobei vor allem die Musik ein großes Lob verdient. Schade ist, dass Flex Media den Titel nur in deutscher Sprache veröffentlichte, wobei die stümperhafte Synchronisation schon weiter oben thematisiert wurde. Das ist umso mehr schade, weil man ansonsten die originale Tonspur verwendete, die mit tollen Sprechern (die in einigen Szenen noch zu hören sind) und Atmos glänzt.

 

Fazit

Anders als in vielen modernen Filmen und Serien liefert Die neuen Abenteuer von Robin Hood keine Erklärung dafür, wie Robin zum Anführer der Merry Men wurde und bleibt damit relativ dicht an den Ursprüngen der Erzählung. Schon in den ältesten Balladen ist Robin einfach da und macht mit seinen Outlaws Barnsdale (oder den Sherwood Forest) unsicher. Andererseits bedienten sich Geoff Collins und Warwick Gilbert aber auch eindeutig am Klassiker Robin Hood – König der Vagabunden (The Adventures of Robin Hood, 1938), was dem Zeichentrickstreifen einen ganz eigenen Charme verleiht. Zu einem Meisterwerk wird das Ganze dadurch nicht, aber doch zu einem süßen Kinderabenteuer, das die Jüngsten adäquat in die Welt Robins einführt. 

Wissenswertes

- Das berühmte Kennenlernen von Little John und Robin Hood wird hier wahrscheinlich aus kindgerechten Gründen etwas anders dargestellt, als in anderen Filmen. Die Kombattanten treten nicht mit Stöcken gegeneiner an, sondern in einem Faustkampf.

 

- Der Film fasst offensichtlich die Figuren des Barden Alan-a-Dale und eine jüngere Version des Will Scarlett zusammen, in der Will als dandyhaft und in Rot gekleideter geschickter Kämpfer auftritt. In der circa um 1600 entstandenen Ballade Robin Hood und Will Scarlet (Robin Hood and Will Scarlet) heißt es in den Strophen drei und vier:

 

»Als Robin darauf den Wald durchstreifte,

war es schon mitten am Tag.

Ein’n wackeren Mann traf er dort an

inmitten von Bäumen und Hag.

 

Die Strümpfe, sie schienen ganz scharlachrot,

sein Wams war aus Seide genäht.

Er schritt durch den Wald die Wege entlang,

wo Robin ihn alsbald erspäht. (Frey: 129)

 

Interessante Zusatzquellen

Frey, Johannes (2016): Die ältesten und schönsten Balladen von Robin Hood, Tectum Verlag, Marburg

https://www.boldoutlaw.com/rhbal/bal138.html

https://www.boldoutlaw.com/robbeg/will-scarlet-beginners.html

https://d.lib.rochester.edu/teams/text/robin-hood-and-will-scarlet

zuletzt abgerufen am 22.07.2024

Bildquelle: unbekannt

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