Helden in Strumpfhosen
(Robin Hood: Men in Tights, 1993)
Die beste Robin-Hood-Parodie
von Reinhard Prahl
Robins Merry Men leihen ihm ihre Ohren und Maid Marian trägt einen Keuschheitsgürtel aus unkaputtbaren Stahl. Wem da vor Lachen nicht die Tränen kommt, ist selber schuld.
Das passiert in Helden in Strumpfhosen
Gerade erst ist Robin von Loxley dank der Hilfe seines arabischen Freundes Niesreiz aus der Gefangenschaft entkommen und nach England geflohen, schon steckt er wieder in Schwierigkeiten. Denn der böse Sheriff von Nuttingham und Prinz John haben kurzerhand sein Schloss gepfändet. Wie gut, dass sein treuer Diener Blinzler noch lebt und Robin Niesreiz’ Sohn Hatschi ausfindig macht. Gemeinsam mit Little John, Will Scarlet O’Hara und weiteren Getreuen sagt der Retter der Geknechteten den fiesen Normannen den Kampf an – nicht immer ganz freiwillig, wie sich bald zeigen wird.
Über den Film
Die Geschichte von Helden in Strumpfhosen ist schon deshalb interessant, weil der Film nicht der erste Versuch von Mel Brooks war, die Robin-Hood-Legende filmisch zu parodieren. Dieser geht indessen auf das Jahr 1975 und die nur 13-teilige Serie Robi Robi Robin Hood zurück. Offensichtlich verlor der US-amerikanische Meister-Comedian den Outlaw vom Sherwood Forest aber nie ganz aus den Augen und als Kevin Costner 1991 große Erfolge mit Robin Hood – König der Diebe feierte, war die Zeit für eine Kinoadaption reif.
Doch um den Prototypen des sympathischen Schurken wieder in Brooks Gedächtnis zu rücken, bedurfte es zunächst eines Zufalls, wie er nur in Hollywood geschehen kann. An dieser Stelle kommt der Dentist und Hobbyautor Evan Chandler ins Spiel, dessen elfjähriger Sohn besagten Costner-Blockbuster gesehen und seinem Vater erzählt hatte, wie sehr er sich eine Parodie auf das Werk wünschte.
Chandler wollte ohnehin in der Traumfabrik Fuß fassen, also begab er sich in seiner Freizeit an den Schreibtisch und verfasste einen Pitch (einen knappen Entwurf). Wie das Leben manchmal so spielt, gehörte der Drehbuchautor J.D. Shapiro, der zuvor unter anderem an der Erfolgs-Sitcom Wer ist hier der Boss? gearbeitet hatte, zur zahnärztlichen Kundschaft. Er zeigte sich begeistert von Chandlers Idee und verfasste mit ihm zusammen einen First Draft (die erste Fassung eines Drehbuchs), der kurz darauf (1992) Mel Brooks in die Hände fiel. Es folgten weitere Überarbeitungen mit teils drastischen Änderungen, bis das Skript endlich den Finalstatus erreicht hatte.
Die Stars
Da Helden in Strumpfhosen eine bunte Mischung aus Robin Hood – König der Vagabunden, König der Diebe sowie Sir Walter Scotts Roman Ivanhoe (1820) sein sollte, wollte Mel Brooks einen Star, der sowohl Costner- als auch Errol-Flynn-Vorzüge in sich vereinte. Anfangs meinte er, all dies in dem bekannten Komiker Richard Lewis gefunden zu haben, der aber letztlich den Part des borniert-dümmlichen Prince John erhielt. Fündig wurde der Produzent schließlich in dem Rob-Reiner-Film Die Braut des Prinzen (The Princess Bride, 1987), in dem der Brite Cary Elwes die Hauptrolle spielte. In seiner Biografie schreibt Brooks über den Mimen:
»Er hatte das Aussehen, die Stimme und den Charme. Ich dachte, er könnte wirklich der nächste Errol Flynn werden.«
Wie sich herausstellte, lag der Starkomiker mit seiner Vermutung vollkommen richtig. Elwes kopierte sein großes Action-Vorbild stellenweise nahezu perfekt und brachte doch seine ganz eigene, witzige Interpretation in die Rolle ein. Um das Casting des Schauspielers rankt sich übrigens eine hübsche Anekdote. Als Brooks ihn mit dem Angebot des Hauptdarstellers für Men in Tights im Gepäck anrief, legte jener kurzerhand auf, weil er an einen Scherz glaubte. Erst als sein späterer Arbeitgeber ihn in einem zweiten Telefonat von der Echtheit der Offerte überzeugte, sagte Elwes schließlich zu.
Der Waliser Roger Rees gab den vertrottelten Sheriff von Nuttingham (im Original: Rottingham) und die flammend rothaarige Amy Yasbeck die Maid Marian. Um die aus Zeit der Sehnsucht bekannte Aktrice entstand nebenbei erwähnt ein witziger Runnig Gag, da ihr relativ schwerer Keuschheitsgürtel jedes Mal klirrte, wenn sie sich hinsetzte. Das ist ein klares Indiz dafür, wie viel Spaß das Ensemble miteinander hatte zudem auch der Hulk-Hogan-Lookalike (Hogan war kurzfristig tatsächlich als Little John im Gespräch) Allan Kramer seiner Comedy-Ader freien Lauf ließ. Außerdem gesellte sich noch Matthew Porretta als Will Scarlett O’Hara (eine ulkige Hommage auf das Epos Vom Winde verweht von 1939) zu den Merry Men.
Obwohl der in Robin Hood – König der Diebe eingeführte, von Morgan Freeman gespielte Araber Azeem eigentlich von Richard Carpenters Robin of Sherwood (Mark Ryan spielte dort zwischen 1984 und 1986 die Rolle des stummen Assassinen Nasir) geklaut war, ließ sich Mel Brooks einen kräftigen Seitenhieb auf das filmische Element nicht nehmen. Mit Isaac Hayes als Asneeze und Dave Chapelle als dessen Sohn Ahchoo führte das Produktionsteam gleich zwei Pendants zu Freemans Auftritt ein und überzeichnete die Figuren gnadenlos bis ins Alberne. Ähnliches gilt für die von Tracey Ullmann dynamisch gespielte Hexe Latrine, die eine klare Parodie auf Geraldine McEwans Mortianna darstellte. Allerdings gestaltete sich das Casting von Ullman wesentlich einfacher als das von Dave Chapell, dem an die 50 Bewerber vorausgegangen waren, bis Brooks sich für ihn entschied. Er schreibt:
»Er hieß Dave Chappell und war damals relativ unbekannt. Doch ich war sofort hingerissen und wusste, dass er der perfekte Buddy (für Robin, Anm. d. Autors) sein würde.
Für den in eigentlich allen Hood-Adaption vorkommenden Bruder Tuck fand das Produktionsteam hingegen keine Verwendung, bis sich Mel Brooks als Weinhändler Rabbi Tuckmann selbst in den Film schrieb. Tuckmann ist einerseits so trinkfest wie der Wandermönch, kann aber andererseits gewisse Eigenschaften des aus dem Roman Ivanhoe bekannten Geldverleihers Isaac nicht verleugnen, dessen schöne Tochter Rebecca eine so wichtige Rolle in der Geschichte einnimmt.
Anekdoten aus Helden in Strumpfhosen
Wie sich aus dem obigen Text entnehmen lässt, gibt es über Helden in Strumpfhosen also eine Reihe interessanter Fakten zu berichten. Eine weitere betrifft Dom DeLuise und dessen Part als mittelalterliche Möchtegernpate Don Giovanni. Brooks schrieb die Rolle eigens für ihn, da beide eng miteinander befreundet sind und er ihn gerne im Film sehen wollte. Etwas komplizierter verlief hingegen das Casting von Sir Patrick Stewart als König Richard. Ursprünglich hatte nämlich Sean Connery selbst Interesse daran bekundet, seinen Auftritt aus König der Diebe zu parodieren. Allerdings verlangte er für das Cameo eine Million Dollar, was Brooks bei einem Budget von 20 Millionen Dollar schlicht zu teuer war. Ähnlich erfolglos war die Idee, Kevin Costner einen Kurzauftritt zu gönnen, so dass in einer zweifelsfrei lustigen Szene gleich zwei Robin Hoods zu sehen gewesen wären.
Die letzte erwähnenswerte Anekdote betrifft keinen der Stars, sondern die in Santa Clarita, Kalifornien gebaute Burgkulisse. Aufgrund einer ungewöhnlichen Trockenphase ließ sich das Set nicht nutzen, da der eigens gepflanzte Rasen gelb und braun geworden war und so ganz und gar nicht nach englischer Landschaft aussehen wollte. Verzweifelt dachte Mel Brooks sogar schon darüber nach, die gesamte Fläche grün streichen zu lassen, als es endlich heftig zu regnen anfing. In den vier Tagen des Wetterumschwungs säten Produktionsdesigner Roy Forge und sein Team ohne Unterlass Gras aus, welches tatsächlich anging und die Gegend in ein sattes Grün tauchte. Manchmal geschehen eben Zeichen und Wunder! Am Ende spielte der Film übrigens 72 Millionen Dollar ein und wurde – wie Brooks in einem Interview erzählte – neben Spaceballs sein erfolgreichster Film.
Die Synchronisation
Bevor wir uns der Bewertung widmen, werfen wir abschließend noch einen kurzen Blick auf die deutschsprachige Version. Die FFS Film- & Fernseh-Synchron GmbH in München übernahm unter der Dialogregie von Arne Elsholtz (1944 – 2016) die nicht ganz einfache Aufgabe, die zahlreichen Gags ins Deutsche zu übertragen. Dass man dabei bisweilen schon allein aus Verständnisgründen vom Original abweichen musste, versteht sich von selbst. Robins Anspielung, dass er im Gegensatz zu anderen Robins mit einem englischen Akzent spricht, macht beispielsweise nur Sinn, wenn man den Film von Kevin Costner in Englisch kennt und weiß, dass der Star kein bisschen britisch klingt.
Neben der autorischen und regietechnischen Federführung übernahm Elsholtz zudem die Rolle des Prince John, weshalb es Fans kaum verwundern dürfte, dass der dümmliche Bösewicht verdächtig nach Tom Hanks, bzw. Bill Murray oder Jeff Goldblum klingt. Axel Malzacher (Brad Pitt in Interview mit einem Vampir) sprach den Outlaw mit Eleganz und Humor, während Peter Fricke (u. a. Ian McKellen und Alan Rickman) den trotteligen Sheriff von Nuttingham gab. Mel Brooks als Rabbi Tuckmann (nicht Tackman, wie in der Deutschen Synchrondatei angegeben) wurde von niemand Geringerem als dem großartigen Wolfgang Völz interpretiert und die als deutsche Stimme von Cameron Diaz und Gwyneth Paltrow bekannte Katrin Fröhlich fungierte als deutsches Stimmpendant zu Amy Yasbeck.
Kritik
Helden in Strumpfhosen gehört zu der Sorte Film, die in dieser Art heute nicht mehr realisierbar wäre. Für den modernen Zeitgeist enthält das Werk schlicht zu viele Klischees, die für Teile der Zuschauerschaft herabwürdigend und sogar beleidigend wirken könnten. Die Figur des Rabbi Tuckmann ist beispielsweise ebenso überholt wie das Bild des ewig Sneaker tragenden und zu jeder Gelegenheit rappenden schwarzen Mannes. Auch die Darstellung der Maid Marian würde in einem Remake sicherlich eine drastische Überarbeitung erhalten. Mit anderen Worten ist das Stilmittel der gnadenlosen Übertreibung heute – man muss fast schon sagen – leider zu einem Tabu geworden.
Das Problem an dieser Haltung ist, dass damit Stilmittel wie das der Satire oder jenes des Zynismus extrem schwierig einzusetzen sind, was die Filmlandschaft insgesamt nicht unbedingt vielfältiger gestaltet. Nicht falsch verstehen, bitte. Ich bin ein großer Befürworter von Inklusivität und des respektvollen Umgangs miteinander. Doch um den Menschen einen Spiegel vorhalten zu können, muss man manchmal eben tief in die Klischeekiste greifen dürfen.
Allerdings lebt der Streifen ohnehin mehr von seiner herrlichen Albernheit. Wenn der Sheriff von Nuttingham Robin den seidenen Fehdehandschuh entgegenwirft und ihn damit ohrfeigt und der Outlaw trocken in wahrsten Sinne des Wortes metallisch antwortet, bleibt kein Auge trocken. Auch Szenen wie die berühmte Ansprache an die Merry Men, in der sie ihrem Anführer tatsächlich ihr Ohr leihen, ist heute legendär. Für derartig verrückte Ideen war Mel Brooks schon immer bekannt, wobei Spaceballs und Helden in Strumpfhosen in dieser Hinsicht fraglos seine Masterpieces darstellen.
König der Diebe … äh … Vagabunden
Der Film beginnt als eindeutige Verballhornung des zwei Jahre zuvor in den Kinos gelaufenen Costner-Blockbusters Robin Hood – König der Diebe. Entsprechend erzählen die ersten Szenen von Robins Flucht aus den Folterkerkern der moslemischen Kämpfer des dritten Kreuzzuges. Schon die ersten Minuten verführen zum herzlichen Lachen, vor allem, wenn man das filmische Pendant des erfolgreichen Vorbilds vor Augen hat. Weniger gelungen ist hingegen die Figur des Ahchoo und die von ihm (natürlich vollkommen absichtlich) vorgetragenen Anachronismen. So was kann man machen, muss man aber nicht, weil auch eine Komödie letztlich der Immersion bedarf, die hier aber extrem gestört wird.
Wesentlich besser weiß hingegen der allmähliche Umschwung auf zahlreiche Motive des Errol-Flynn-Klassikers von 1938 zu gefallen, zumal sich Cary Elwes als perfekte Wahl für die Rolle des spätmittelalterlichen Helden erweist. Wie Mel Brooks in seiner weiter oben zitieren Autobiografie betont, hatte Elwes seinerzeit den Look des großen Actionstars und hatte dessen Attitüden, Gestik und Mimik hervorragend studiert. So geschieht es beispielsweise nicht selten, dass Robin herzlich lachend die Hände in die Hüften stemmt oder lächelnd mit dem Schwert in der Hand gegen eine große Übermacht antritt. Auch das typische durchtrennen eines Kronleuchterseils darf nicht fehlen, auch wenn der Held sich nun selbst damit trifft.
All diese Gags machen Helden in Strumpfhosen trotz einiger unnötiger Klischierungen zu einem wundervollen Spaß, auch wenn Brooks es bisweilen dann doch zu gut meint. Ein Beispiel dafür ist der Auftritt von Dom DeLuise, der bereits in einigen Brooks-Produktionen mitgespielt hatte. So witzig die Idee eines mittelalterlichen Paten, der von zwei Volldeppen begleitet wird, auf dem Papier erscheinen mag, im fertigen Film wirkt DeLuises Auftritt wie ein Fremdkörper, über den man nur schwerlich lachen kann. Rein inhaltlich betrachtet macht die Figur keinen Sinn und der Dialog zwischen ihm und Prince John wirkt eher bemüht als komödiantisch ausgefeilt.
Fazit
Nichtsdestotrotz haben wir es hier mit einem typischen Brooks-Film zu tun, auf den man sich als Klamauk-Fan ohne große Probleme einlassen kann. Wer auf politische Korrektheit achtet, sollte allerdings hier und da wohlwollend Augen und Ohren verschließen und sich der Tatsache erinnern, dass Robin Hood: Men in Tights eben ein Kind einer Zeit ist, in der man sorgloser und weniger achtsam mit Worten umging als heute.
Wissenswertes
- In Brooks Werk fehlen drei wichtige Figuren, die in dem von ihm parodierten Blockbuster Robin Hood - König der Diebe allerdings vorkommen. Sie alle sind seit Jahrhunderten Teil der Legendenwelt:
Über Much, den Müllerssohn lesen wir bereits in der um 1500 zusammgengestellten, möglicherweise aber um 1450 entstandenen Balladensammlung The Geste of Robyn Hode:
An einem Baum stand Robin gelehnt,
er blickte im Barnsdale umher,
Little John stand direkt neben ihm
ein Freibauer so wie er.
Daneben stand auch der gute Scarlock
und Much, des Müllerssohn.
Da war kein Zoll an diesem Mann,
es sei denn, man sprach gut davon. (Frey: 65)
- Nicht wesentlich jünger als die oben erwähnten Merry Men ist Robins erste Begegnung mit dem Guy of Gisbourne, der bereits um 1500 in der Ballade Robin Hood und Guy von Gisbourne (im Original: Robin Hood and Guy of Gisbourne) vorkommt. In der Geschichte trennen sich Little John und Robin nach einem Streit. Doch John gerät in Barnsdale in große Bedrängnis, nachdem er zwei seiner Freunde tot auffand und seinen Gefährten Will Scarlett vor den Schergen des Sheriffs retten will. In Vers 85 heißt es schließlich:
Doch lassen wir nun Little John sein,
der dort am Baume steht,
und sprechen stattdessen von Robin und Guy
und wie es ihnen ergeht. (Frey: 59)
- Der dritte fehlende Merry Man ist der allseits beliebte Friar Tuck, der bereits um 1475 das erste Mal in dem Theaterstück Robin Hood und der Sheriff von Nottingham (Klinger: 53) (im Original: Robin Hood and the Sheriff) erwähnt wird. Von dem Stück sind lediglich 21 Zeilen erhalten. Dort heißt es:
Be holde wele ffrere Tuke
Howe he dothe his bowe pluke
(in Deutsch etwa: Schaut Bruder Tuck, wie gut er den Bogen doch führt).
Interessante Zusatzquellen
Brooks, Mel (2022): All About Me! My Remarkable Life in Showbusiness, Penguin Randomhouse, New York
Ewing, Thor (2020): The Original Robin Hood. Traditional Ballads and Plays including all Medieval Sources. Welkin Books, Roxburghshire, Scotland
Frey, Johannes (2016): Die ältesten und schönsten Balladen von Robin Hood, Tectu-Verlag, Marburg
Klinger: Judith (2015): Robin Hood. Auf der Suche nach einer Legende, Lambert Schneider/WBG, Darmstadt
https://robinhoodlegend.com/the-dramatic-fragment/
(zuletzt abgerufen am 16.06.2024)
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